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Insecta
Paarung, pränatale Entwicklung und Geburt
Balz und Paarung
Abbildung 1: Parabuthus pallidus. Pärchen während der promenade à deux
Das Balz- und Paarungsverhalten von Skorpionen ist komplex und äußerst ritualisiert, wobei je nach Art Verhaltensunterschiede festzustellen sind (Polis, 1990, p161). Die Paarung selbst wird von der wohlbekannten promeade à deux begleitet, dem Paarungstanz (Abb. 1, 2).
Bevor es jedoch zum Paarungstanz kommen kann, muss dieser zuerst initialisiert werden. Das Initialisierungsverhalten ist recht divers und umfasst optische, mechanische und auch chemische Reize (Polis, 1990, p162-163) und dient neben der Partnerauffindung auch dazu, das Männchen vor kannibalistischen Übergriffen zu schützen (Polis, 1990, p170-171). Bei der Mehrzahl bekannter Arten beginnt das Männchen die Initialisierung (Polis, 1990, p163). Die optischen Reize, die hier von Relevanz sein können, sind z.B. anatomische Auffälligkeiten der Weibchen, besonders wenn Männchen und Weibchen einen deutlichen Sexualdimorphismus aufweisen (Alexander, 1959). Außerdem wurden mechanische Reize oft als Initiator beobachtet, z.B. indem das Männchen mit dem Körper zu vibrieren beginnt, was das Weibchen in Form von Vibrationen des Bodengrundes wahrzunehmen im Stande ist (Rosin & Shulov, 1963; Alexander, 1957; Polis & Farley, 1979).
Eine entscheidende Rolle in der Erkennung von Sexualpartnern spielen aber auch Pheromone, die über die chemisch sensitiven Pecten aufgenommen werden, wobei nicht nur eine reine Geschlechtsunterscheidung getroffen werden (Alexander, 1959; Probst, 1972), sondern auch zwischen trächtigen und nicht trächtigen Weibchen differenziert werden kann (Bücherl, 1955/56 ).
Nach erfolgreicher Initialisierung der promenade à deux zeigen besonders Männchen diverse Verhaltensmuster auf, die wohl der Verringerung der Wahrscheinlichkeit von Paarungskannibalismus dienen, was den Schluss zulässt, dass Paarungskannibalismus ein nicht unerhebliches Risiko für Männchen darstellt und die Männchen somit bezüglich dieser Verhaltensweisen einem signifikanten selektivem Druck ausgesetzt sind (Polis, 1990, p170 - p172).
Besagte Verhaltensweisen umfassen die Weibchen besänftigende Schläge mit dem Metasoma, Paarungsstiche oder auch das "Beknabbern" der Chelizeren des Geschlechtspartners. Nach der Paarung erfolgt in vielen Fällen außerdem eine prompte Trennung der Partner, die mit Metasomaschlagen oder dem Abtasten durch das Telson einhergehen kann (Polis, 1990, p170-171).
Im Verlauf des Paarungstanzes versucht das Männchen eine geeignete Ablagestelle für die mit dem Spermapaket versehene Spermatophore zu finden, die Suche geht oft mit ausgiebigen Bewegungen der Pecten einher. Das Männchen greift dabei permanent eine oder beide Chelae des Geschlechtspartners und dirigiert diesen, wobei das Weibchen meist recht passiv bleibt. Ist eine geeignete Stelle gefunden, wird die Spermatophore durch das Männchen platziert (Abb. 2) und das Weibchen mit der Genitalöffnung über dieser zur Aufnahme des Spermapaketes manövriert (Polis, 1991, p162).
Abbildung 2: Parabuthus pallidus. Das Männchen platziert die Spermatophore (rötlich, anterior median)
Paarung von Orthochirus scrobiculosus negebensis mit gut sichtbarer Platzierung der Spermatophore (ab 5:00). Man beachte die teils heftigen Pectenbewegungen des Männchens und die promte Trennung der beiden Tiere nach erfolgreicher Aufnahme des Spermapaketes durch das Weibchen. Das Männchen befindet sich zu Beginn des Videos oben/rechts.
Die promeade à deux als Paarungsritual wird von allen Skorpionarten durchgeführt, bei denen beide Geschlechter vorhanden sind und ist für eine sexuelle Vermehrung essentiell. Allerdings gibt es parthenogenetische Arten bzw. Populationen, die sich nicht sexuell vermehren, sondern bei denen sich die Jungtiere aus unbefruchteten Eiern entwickeln. Beispiele dafür sind Tityus serrulatus (Mello-Leatão, 1945), Hottentotta hottentotta und Liocheles australasiae (Lourenço, 2000). In den vielen Fällen sind bei parthenogenetischen Arten keine Männchen bekannt, da die parthenogenetischen Weibchen ausschließlich weibliche Nachkommen gebären und eventuelle Männchen in solchen Populationen somit rasch aussterben. Eine Ausnahme bildet dabei u.A. Tityus columbianus bei der sowohl parthenogenetische, als auch sich sexuell fortpflanzende Populationen bekannt sind (Lourenço & Méndez de la Cruz, 1996).
Pränatale Entwicklung
Skorpione sind vivipare (lebendgebärende) Arachniden und nehmen damit neben einigen wenigen Milben eine Sonderposition in dieser Ordnung an, jedoch sind Elemente in der pränatalen Entwicklung der Jungskorpione enthalten, durch die in der Vergangenheit durchaus auch eine Qualifikation als ovovivipar (ei-lebendgebärend) diskutiert wurde (Polis, 1990, p173-174). Dabei ist die Entwicklung der Jungtiere keinesfalls bei allen Arten identisch, man unterscheidet zwischen den apoikogenen und den katoikogenen Skorpionen (Polis, 1990, p173).
Apoikogene Skorpione kamen dabei am ehesten für die Klassifikation als ovovivipar in Frage, da das Ovum in einem Follikel (je nach Art mit unterschiedlichen Mengen Dotter gefüllt, teils auch dotterlos) im weiblichen Ovariuterus heranwächst. Eine Klassifikation als ovovivipar erfordert ein Heranwachsen der Embryonen ohne Nährstoffzufuhr von außen, Francke (1982) zeigte jedoch, dass auch apoikogenen Skorpion-Embryos Nährstoffe von außen zugeführt werden, wahrscheinlich mittels Diffusion durch die Ebryonalmenbranen. Apoikogene Familien sind z.B. die Buthidae, Bothriuridae, Chactidae, Euscorpiidae, Superstitioniidae, Vaejovidae, Iuridae und Chaerilidae (Lourenço, 2000).
Abbildung 3: Hottentotta tamulus gangeticus. Die Eier/Larven sind gut durch die Pleuralmembran sichtbar
Im Gegensatz zu den apoikogenen Skorpionen weisen katoikogene Skorpione eine deutlich andere Entwicklung und Art der Nährstoffzufuhr auf. Die Ova stehen dabei in keinem direkten Kontakt zum Ovariuterus des Muttertiers, sondern befinden sich in Divertikeln (Polis, 1990, p179), sackartigen Ausstülpungen, die über Kanäle mit dem Ovariuterus verbunden sind. Dort entwickeln sich früh in der embryonalen Entwicklung sowohl Verdauungssystem als auch eine spezielle Fressapparatur, welche bei apoikogenen Skorpionen nicht ausgebildet wird (Polis, 1990, p182). Die früh in der Embryonalentwicklung stark elongierten Chelizeren greifen dabei eine Art "Zitze", welche sich in einem distal am Divertikulum befindlichen Fortsatz befindet. Letzterer steht in Kontakt mit dem Hepatopankreas des Muttertiers, welcher für Resorbtion und Speicherung von Nährstoffen zuständig ist (Polis, 1990, p182).
Durch das Zusammenspiel der frühen spezialisierten Chelizerenform und jener "Zitze" ist der katoikogene Skorpionembryo also bereits früh in der Lage durch eigene Muskelkraft Nährstoffe aufzunehmen (Polis, 1990, p182). Katoikogene Familien sind z.B. die Scorpionidae und wahrscheinlich auch die Hemiscorpiidae (Lourenço, 2000).
Geburt
Nach der Trächtigkeit, die je nach Art zwischen wenigen Monaten und über eineinhalb Jahre andauern kann (Polis, 1990, p183), gebährt das Muttertier zwischen drei und über hundert Jungtiere (Lourenço, 2000).
Unmittelbar vor der Geburt bilden Weibchen vieler Arten einen Korb mit den erste beiden Laufbeinpaaren, indem sie den Vorderkörper in die Höhe strecken und besagte Extremitäten unter dem Mesosoma anwinkeln. Die Jungtiere entweichen nun der Geschlechtsöffnung durch das geöffnete Genitaloperkulum mit dem Metasoma zuerst bei katoikogenen und zufällig orientiert bei apoikogenen Skorpionen - was dadurch zu erklären ist, dass die Divertikel der katoikogenen Muttertiere vertikal in dorsaler Richtung verlaufen (die "Zitze" also in dorsale Richtung zeigt) und die Jungtiere im Ovariuterus apoikogener Muttertiere nicht ausgerichtet sind - und fallen in den Korb (oder auf das Substrat) (Polis, 1990, p190, p193).
Danach beginnen die Jungtiere ihren Aufstieg auf den mütterlichen Rücken, wo sie den Rest ihres Larvenstadiums (Instar 1) relativ passiv verweilen (Abb. 4). Das erste Instar nimmt je nach Art zwischen 5 Tagen und über 2 Wochen in Anspruch (Lourenço, 2000). Während dieser Zeit ähnelt der Habitus der Jungtiere denen der Adulti nur wenig und sie sind weder in der Lage eigenständig zu fressen, noch zu stechen (Lourenço, 2000). In diese verwundbaren Phase finden sie auf dem Rücken des Muttertieres Schutz vor Fressfeinden und auch ihr Wasserhaushalt wird durch das Muttertier reguliert, da sie anders als Skorpione des 2. Instars oder höher noch nicht über eine in hohem Maße wasserundurchlässige Cuticula verfügen - das Muttertier zeigt außerdem ein ausgeprägtes Schutzverhalten (Polis, 1990, p200-201).
Abbildung 4: Euscorpius italicus Weibchen mit Jungtieren im 1. Instar
Die Häutung in das zweite Instar durchlaufen alle Jungtiere binnen eines kleinen Zeitfensters und entsprechen in ihrem Habitus nun weitestgehends den adulten Tieren (Abb. 5, 6). Sie verlassen zwischen wenigen Tagen und 2 Wochen später den Rücken des Muttertiers (Polis, 1990, p200), frühestens aber wenn die Cuticula ausgehärtet ist, und sind von nun an autark.
Abbildung 5: Euscorpius italicus Weibchen mit Jungtieren. Die Jungen häuten sich gerade in das 2. Instar
Abbildung 6: Euscorpius italicus. Ein Jungtier frisch nach dem Verlassen des mutterlichen Rückens im 2. Instar
Quellenangaben
Alexander, A.J (1957). The courtship and mating of the scorpion, Opisthophthalmus latimanus. Proceedings of the Zoological Society, London, 128, 529-544.
Alexander, A.J (1959). Courtship and mating in the buthid scorpions. Proceedings of the Zoological Society, London, 133, 145-169.
Bücherl, W. (1955/56). Escorpiões e escorpionismo no Brasil. V, Observacões sobre o aparelho reproductor masculino e o acasalamento de Tityus trivittatus e Tityus bahiensis. Memorias do Instituto Butantan, Sao Paulo, 27, 121-155.
Francke, O. F. (1982). Parturition in scorpions (Arachnida, Scorpiones): A review of the ideas. Revue arachnologique 4, 27-37.
Lourenço, W. R. (2000). Reproduction in scorpions, with special reference to parthenogenesis. European Arachnology, 71-85.
Lourenço, W. R. & Méndez de la Cruz, F. R. (1996). Variation of reproductive effort between parthenogenetic and sexual populations of the scorpion Tityus columbianus. Journal of Biogeography, Volume 23, Issue 5, 681–686.
Mello-Leitão, C. 1945. Escorpiões sid-americanos. Arquivos do Museu Nacional, Rio de Janeiro, 40, 468 pp.
Polis, G. A. & Farley, R. D. (1979). Behavior and ecology of mating in the cannibalistic scorpion. Paruroctonus mesaensis Stahnke (Scorpionida: Vaejovidae). Journal of Arachnology 7, 33-46.
Probst, P. J. (1972). Zur Fortpflanzungsbiologie und zur Entwicklung der Giftdrüsen beim Skorpion Isometrus maculatus (DeGeer, 1778) (Scorpiones: Buthidae). Acta Tropica, 29, 1-87.
Rosin, R. & Shulov, A. (1963). Studies on the scorpion Nebo hierichonticus. Proceedings of the Zoological Society, London, 140, 547-575.
F. Schmitz, verfasst 2011